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Channel: Wilsons Dachboden
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Lichtspielplatz #15 - EMMANUELLE und Sylvia Kristel: Erotik und Arthouse

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Sylvia Kristel gilt als Königin des erotischen Films: Mit der Hauptrolle in der 1974 veröffentlichten Buchverfilmung EMMANUELLE (bei uns: EMANUELA) prägte sie ein ganzes Filmgenre - und wurde für den Rest ihrer Karriere mit dieser Figur identifiziert. Der Film war ein Millionenerfolg, der zahllose Nachfolger anregte. Aber während Kristel stets als Göttin der Verführung galt, zeigt ihre Filmographie einige Überraschungen: Sie drehte mit Claude Chabrol, Roger Vadim und Alain Robbe-Grillet, spielte neben Gerard Depardieu, Michel Piccoli und Alain Delon.

In der aktuellen Lichtspielplatz-Folge sprechen wir über den Film EMMANUELLE und seine Hintergründe, das zugrundeliegende Buch von Emmanuelle Arsan, die unzähligen Nachfolger und Nachahmer, andere Kristel-Filme wie ALICE, DAS SPIEL MIT DEM FEUER, LA MARGE, LADY CHATTERLEYS LIEBHABER und MATA HARI und ihre Autobiographie UNDRESSING EMMANUELLE. Es ist eine Reise durch Erotikfilme und Arthouse-Streifen, ein Brückenschlag von François Truffaut über Walerian Borowczyk hin zu Joe D'Amato.

Viel Spaß!



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Weiterführende Texte auf Wilsons Dachboden:
EMMANUELLE 4: Neuer Körper, altes Glück
EMMANUELLE 6: Eine Verführerin in Bedrängnis
LAURA: Eine erotische Expedition von und mit der "echten" Emmanuelle

Der Screenshot stammt von der BluRay von EMMANUELLE, (C) 2010 Kinowelt.

Lichtspielplatz #16 - Mythos und Abenteuer: Von KING KONG bis SKULL ISLAND

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Derzeit wütet der größte Affe der Welt wieder auf den Kinoleinwänden: In KONG: SKULL ISLAND geht es erneut auf die legendäre Insel, die den gigantischen Gorilla King Kong beheimatet. Wir sprechen über die Anfänge des Monsters im Filmklassiker von 1933, seine übergroße Rückkehr im Remake von 1976, Peter Jacksons ausufernde Liebeserklärung an den Originalfilm aus dem Jahr 2005 und die aktuelle Inszenierung vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges. Unterwegs geht es um die Beziehung zwischen der Schönen und dem Biest, um die unzähligen Lesarten der Geschichte und um die Frage, warum sich die Monsterstory so sehr für verschiedenste Interpretationen anbietet.

Viel Spaß!



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Alle Soundclips aus KONG: SKULL ISLAND mit freundlicher Genehmigung von Warner Bros. Pictures Publicity verwendet.
Plakatausschnitt & Soundclips: (C) 2017 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.

DIE BESTE ALLER WELTEN: Abenteuer Kindheit

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Jeremy Miliker und Verena Altenberger in DIE BESTE ALLER WELTEN

Auf der diesjährigen Berlinale hat ein Film eines jungen Salzburger Regisseurs seine Premiere im Bereich "Perspektive deutsches Kino" gefeiert und auch den Kompass-Perspektive-Preis gewonnen: DIE BESTE ALLER WELTEN von Adrian Goiginger. Unser Gastautor Dr. Wily berichtet über dieses Drama, das von Goigingers eigener Kindheit mit einer alleinerziehenden, drogenabhängigen Mutter erzählt.



In einer dunklen Höhle tief im Berg ist ein gesichtsloser Dämon angekettet, und alles, was er tun kann, ist schreien. Der Held Ronan hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Dämon zu bekämpfen. Dafür hat er sich eine besondere Waffe gebaut, einen Feuerpfeil, denn nur diese Waffe kann den Dämon besiegen.

Diese Geschichte träumt, zeichnet und schreibt der siebenjährige Adrian (Jeremy Miliker). Es ist seine eigene Geschichte. Die eines kleinen Jungen, der ein Abenteurer werden will und der spürt, daß es einen Dämon in der Welt gibt, in der er lebt, aber daß dieser Dämon gut versteckt ist. Adrians Welt ist, wie bei den meisten Siebenjährigen, die Welt, die seine Mutter Helga (Verena Altenberger) für ihn gestaltet. Helga ist drogenabhängig. Genauso wie ihr Lebensgefährte, Adrians Stiefvater Günther (Lukas Miko), und alle ihre Freunde, die regelmäßig in Helgas Wohnzimmer sitzen, sich dort bisweilen vor der Polizei verstecken und alles nehmen, was der unberechenbare Dealer, den alle nur "Grieche" nennen, vorbeibringt. Eine Junkiecommunity, die in einer selbstgemachten Höhle lebt – ein chronisch verrauchtes Wohnzimmer mit zugehängten Fenstern und zugeklebten Glastüren. Die Gruppe hat sich eine Idee von Freiheit zurechtgezimmert, in der sie ohne Job, Ziel und Sinn außerhalb der gesellschaftlichen Zwänge lebt. Im Außen zeigt sich das in regelmäßigen Ausflügen zum Fluß, wo es offenes Feuer und Musik gibt, und wo das echte, wahre, unverfälschte Leben, das Eins- und Verbunden-Sein mit allem beschworen und gefeiert wird. Bevor dann spät abends der Grieche vorbeikommt und sich die Erwachsenen doch in ihre eigene innere Höhle zurückziehen.

Adrian ist mittendrin, für ihn ist es die beste aller Welten. Ein Leben voller aufregender Abenteuer und Entdeckungen, Freiheit, Lagerfeuern, Zaubertränken und Feuerwerkskörpern. Es ist die romantisch-magische Welt, die sich seine Mutter Helga als Stütze zurechtdenkt und die sie nutzt, um ihren Sohn von dem ganzen Drogenwahnsinn fernzuhalten. Für den jungen Adrian ist sie perfekt. Helga, die sich sonst vom Leben und der Welt in den Rausch zurückziehen muß, schafft es so, ihrem Sohn eine aufregende und schöne Kindheit zu bieten. Wenn es um Adrian geht, ist kein Rausch zu tief. Er dringt immer durch ihren Schild.

Das Mutter-Sohn-Gespann in DIE BESTE ALLER WELTEN
Ein liebevolles Mutter-Sohn-Gespann: Helga (Verena Altenberger) und Adrian (Jeremy Miliker).

DIE BESTE ALLER WELTEN ist im Kern kein Film über Drogen, sondern eine Geschichte über die Kindheit. Autor und Regisseur Adrian Goiginger folgt nicht zufällig die meiste Zeit seinem jungen Protagonisten. Wenn der Film Adrian verläßt und die Welt der Erwachsenen zeigt, zeigt uns der Film dadurch auch, daß hier nicht jemand einfach die Naivität eines Kindes nutzt, um schlimme Umstände auszuhalten, sondern daß ein erwachsener Geschichtenerzähler aus der zeitlichen Distanz reflektiert über die Dinge nachdenkt und erzählt.

In Adrian und der Beziehung zu seiner Mutter liegt das Herz und Hoffnung des Films und für den Zuschauer die Kraft, diese Geschichte durchzustehen. Es ist trotz seiner auf den ersten Blick düsteren Thematik ein sehr hoffnungsvoller Film. Adrians Kindheit ist keine Kindheit der Drogen, Junkies und des Todes, obwohl all das Teil seiner Geschichte ist. Es ist eine Kindheit voller Abenteuer, Ritter und Magie. Geborgen in der Liebe und dem Schutz seiner Mutter, die ihm beibringt, alle Möglichkeiten zu haben und diese auch zu nutzen. Helga ist eine Mutter, die ihrem Sohn die Freiheit lehrt, obwohl oder vielleicht auch weil sie selbst alles andere als frei ist. In einer Szene, in der ein alter Freund von seinem erfolgreichen Entzug erzählt, sagt Helga: "Ich weiß nicht, wovon er spricht. Aber ich möchte das auch alles haben." Während seine Mutter den ganzen Film lang diese Möglichkeit der Freiheit sucht, war sie für Adrian, dank Helga, immer präsent.

Doch natürlich ist nicht alles eitel Wonne in Adrians Welt. Da gehen zuhause schnell die Aggressionen hoch, alle werden hysterisch und ängstlich, wenn es an der Tür läutet. Aus irgendeinem Grund muß man immer alles putzen, wenn des Jugendamt kommt, und der Grieche hat sich nicht immer unter Kontrolle und geht sogar auf Adrian los. Das sei, passend zur magischen Welt, ein Dämon, der im Griechen wohne, erklärt ihm Helga. Und Adrian spürt, daß dieser Dämon auch irgendwo in seiner Mutter wohnt. In seinen Träumen und Geschichten bekommt er eine Gestalt. Am Ende ist es Adrians Feuerpfeil, eine Leuchtrakete, der dem Dämon den Garaus macht und ihn ans Licht zerrt, indem Adrian mit der Rakete die Wohnung abfackelt. Helga wird aus ihrer Höhle gezwungen, muß die Wahrheit sagen, um ihren Sohn zu retten und geht auf Entzug.

Der Dämon in seiner Höhle
Der Dämon erwacht in seiner Höhle ...

Wenn man dann im Abspann die Namen liest, bestätigt sich das Gefühl, daß Adrian Goiginger hier eine sehr, sehr persönliche Geschichte erzählt. Er kann deshalb den Film mit emotionalen Nuancen und zwischenmenschlichen Details anfüttern, die man nur durch eigene Erfahrung kennenlernt und die seinem Film und seinen Figuren sehr viel Plastizität geben.

Ich bin nicht umhin gekommen, im Film, den der erwachsene Adrian erzählt, ein Spiegelbild zu der Geschichte zu sehen, die der junge Adrian in seinem Buch gestaltet. Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht immer noch etwas gibt, das ans Licht geholt oder befreit werden muss. Ich weiß es nicht. Aber der Film wirkt auf mich neben allem anderen auch so, als würde er gegen das Vorurteil aufstehen wollen, das besagt, eine drogensüchtige Mutter sei automatisch eine schlechte Mutter, und eine Kindheit wie die von Adrian automatisch eine furchtbare. DIE BESTE ALLER WELTEN erzählt uns, daß Helga ein gute Mutter ist und Adrians Kindheit ein schöne. Der Film ist beeindruckend, berührend, mitreißend, witzig und sehr ehrlich – im Guten wie im Schlechten. Wir müssen als Zuschauer nämlich nicht nur aushalten, die Abgründe einer Drogenabhängigkeit zu sehen, sondern auch, daß dies alles keine schlechten Menschen und unfähigen Eltern sind. Am Ende ist es ein sehr heller Film, voll Licht.



Die beste aller Welten (Österreich/Deutschland 2017)
Regie: Adrian Goiginger
Buch: Adrian Goiginger
Kamera: Yoshi Heimrath, Paul Sprinz
Musik: Dominik Wallner, Manuel Schönegger
Darsteller: Verena Altenberger, Jeremy Miliker, Lukas Miko, Michael Pink, Michael Fuith, Philipp Stix

Alle Screenshots (C) Ritzl Film.

DER SIEBENTE KONTINENT: Eine Spurensuche im trostlosen Alltag

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Mutter und Tochter beim Nachtgebet in DER SIEBENTE KONTINENT

Schon gleich am Anfang hat man das Gefühl, daß bereits alles vorbei ist. Ein Auto fährt durch die Waschstraße, durch die Frontscheibe sehen wir die Geräte starr ihre Arbeit verrichten. Die Credits laufen ebenso mechanisch darüber. Die Personen im Wagen schweigen sich an.

Was folgt, ist wie eine Bestandaufnahme des Lebens einer Familie, die am Ende Suizid begehen wird. Wie das kleingehackte Fleisch, das der Supermarktangestellte hier verkauft, scheinen auch die Welt und ihre Protagonisten in Einzelteile zu zerfallen. Die Tagesabläufe werden in aneinandergereihten Close-Ups der banalen Details gezeigt: Registrierkasse, Einkaufswagen, Zapfsäule. Die Menschen sind genauso auf Einzelheiten reduziert, als wären sie unvollständig. Am Frühstückstisch sieht man von Familie keine Köpfe.

Die Familie beim Frühstückstisch
Starre Rituale: Die Familie beim Frühstückstisch.

Es sind drei Jahre, die die Handlung umspannt, sorgsam in einzelne Segmente unterteilt. Wir lernen die Familienmitglieder kennen: Mutter, Vater, Tochter. Manchmal taucht der Bruder der Mutter auf, der nach dem Tod der Eltern depressiv geworden ist. Wir verfolgen ihren Alltag: Wecker, Dusche, Frühstück, Auto aus der Garage heraus, Arbeit im Büro, Auto in die Garage hinein, Nachtgebet mit der Tochter. Es wirkt wie ein von allen Redakteuren verlassenes Reality-Programm.

Die ersten beiden Segmente bzw. Jahre funktionieren dabei als Spurensuche: Was bringt diese Menschen dazu, freiwillig aus dem Leben scheiden zu wollen? Sind es die ewig gleichen Abläufe, die den Alltag so trivial machen? Ist es die stumpfe Arbeit des Manns, die nur aus dem Bearbeiten von Zahlenkolonnen zu bestehen scheint? Ist es Zivilisationsmüdigkeit? Oder sind es emotionale Brüche, die den Familienmitgliedern schon vor langer Zeit widerfahren sind? Als die Familie eines Abends auf der Autobahn an einem Unfall vorbeifährt, verstört der Anblick der Körper auf der Straße die Mutter – und ihr Mann kann sie kaum trösten. Vielleicht weint sie über ihr eigenes bevorstehendes Ende, vielleicht hat er schon lange resigniert. An einer anderen Stelle gibt die Tochter in der Schule vor, erblindet zu sein. Als die Mutter davon hört, will sie von der Tochter, die alles abstreitet, ein Geständnis. Sie verspricht ihr, sie nicht zu bestrafen – und gibt der Tochter dann, als sie alles zugibt, im Affekt eine Ohrfeige.

Im dritten Segment vollzieht die Familie mit ebensolcher mechanischen Sorgfältigkeit ihren eigenen Suizid. Der Job wird gekündigt, das Auto wird verkauft, das Geld von der Bank abgehoben. In der Wohnung wird die Einrichtung zerstört: Kleidung wird zerrissen, die Möbel werden zertrümmert, die Bücher zerrissen. Es ist ebenso trostlos arrangiert wie das Leben davor – anstatt sich von der Last der Dinge befreien zu können, wird die Familie schon so über die Gegenstände bestimmt, daß deren Destruktion nur die eigene vorwegnimmt.

Georg beginnt mit der Zerstörung seines Lebens
"Ich glaube, es geht nur, wenn wir systematisch vorgehen":
Georg Schober (Dieter Berner) beginnt mit der Zerstörung seines Lebens.

"Ich wollte keine Antworten geben", erklärt Michael Haneke im Interview zu seinem ersten Kinofilm DER SIEBENTE KONTINENT: Fragen finde er viel wichtiger. Es ist ein zunächst merkwürdig anmutender Satz eines Regisseurs, dessen Filme so gerne wirken, als wüßte er schon genau, was in der Gesellschaft schiefläuft, als wollte er gezielt den Finger auf diese Probleme legen, um den Zuseher darüber zu belehren.

Mit der Konzeptionsgeschichte des Drehbuchs findet man etwas mehr Klarheit darüber, was er mit Fragestellungen meint: Der Film war zunächst so arrangiert, daß vom Suizid ausgehend die Geschichte der Familie in Rückblenden erzählt wurde – nur mußte Haneke feststellen, daß mit dieser Konstruktion jede Sequenz erklärend funktionieren würde. Also zog er das Skript andersherum auf, um den definitiven Antworten auszuweichen – jede vorangegangene Sequenz kann alles und nichts im Hinblick auf den Selbstmord bedeuten, der tatsächliche Beweggrund soll so mysteriös bleiben, wie er es im wahren Leben war, als die Nachricht von dem tatsächlichen Fall in den Zeitungen auftauchte.

Dennoch wirkt DER SIEBENTE KONTINENT nicht wie ein Film, der sich seine Geschehnisse nicht erklären kann – zu streng und komponiert sind alle seine Einstellungen, Abläufe und Symbole. Es ist eine Geschichte darüber, wie unser Leben durch Banalitäten bestimmt wird, wie der Mensch vor lauter Gegenständen, Routinen und Transaktionen zerfällt. Die wichtige Frage, die in diesem schrecklichen Porträt bürgerlicher Existenz steckt, muß man sich dagegen selber stellen: Was ist die Alternative?




Der siebente Kontinent (Österreich 1989)
Regie: Michael Haneke
Buch: Michael Haneke
Kamera: Anton Peschke
Darsteller: Birgit Doll, Dieter Berner, Leni Tanzer, Udo Samel

Alle Screenshots stammen von der französischen BluRay (C) TF1 Vidéo.

Lichtspielplatz #17 - Von Lang zu Lorre: M und DER VERLORENE

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Der eine hat Filmgeschichte geschrieben, der andere wurde fast vergessen: Wir blicken in der aktuellen Lichtspielplatz-Folge auf Fritz Langs wegweisenden Krimiklassiker M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER aus dem Jahr 1931 und auf das zwanzig Jahre später entstandenene Drama DER VERLORENE von und mit M-Hauptdarsteller Peter Lorre - seine einzige Regiearbeit. Die hängen nicht nur zusammen, weil er in beiden Filmen einen Mörder spielt: Lorres Film nimmt klare Bezüge auf M und zeichnet das dunkle Nachkriegsporträt eines Mannes, der mit seiner Schuld kämpft. Wir sprechen darüber, wie beide Filme die politischen Geschehnisse in Deutschland behandeln - und welche stilistischen und thematischen Besonderheiten sie auszeichnen.

Viel Spaß!



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Der Screenshot aus M stammt von der DVD (C) 2003 Universum Film GmbH & Co. KG.

Lichtspielplatz #18: KING ARTHUR - Guy Ritchie und der Artus-Mythos

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The once and future king: Auch nach vielen Jahrhunderten bleibt der Artus-Mythos vital und spannend. Aktuell erzählt Guy Ritchie in KING ARTHUR die Geschichte um den sagenhaften König als energiereich inszeniertes Fantasy-Gaunerepos, das mehr mit der Artus-Tradition zu tun hat, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Wir sehen uns nicht nur Ritchies Film an, sondern auch die Artus-Versionen von John Boorman (EXCALIBUR), Antoine Fuqua (KING ARTHUR) und Jerry Zucker (DER 1. RITTER), und versuchen gleichzeitig, den historischen Hintergründen und den Motiven der Artus-Geschichte auf den Grund zu gehen.

Viel Spaß!



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Eine kleine Korrektur: Ein einer Stelle heißt es, daß die Ausgrabungsstätte Cadwell für Camelot gehalten wird - das muß aber natürlich Cadbury heißen.

Musik: Clark Kent
Soundclips: (C) 2016 Warner Bros. Ent. Alle Rechte vorbehalten.

KARATE ROCK: Karate Kid ohne Geld und Plan

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Antonio Sabàto Jr. in KARATE ROCK

Rauf, runter, auftragen, polieren. Wobei: Im Falle der Filmographie des Italieners Fabrizio De Angelis geht es im Zweifelsfall auch ohne Politur. Der Billigfilmer verliebte sich Ende der Achtziger unsterblich in die KARATE-KID-Reihe und begab sich auf die Mission, den schwarzen Flohmarktgürtel in der Rip-Off-Meisterschaft zu erringen: Er drehte gleich sechs Teile seiner ganz originell KARATE WARRIOR getauften Klopperreihe, kümmerte sich sozusagen liebevoll um eine Frauenvariante namens THE IRON GIRL und filmte zwischendurch den vorliegenden Streifen KARATE ROCK. Der unterscheidet sich von den anderen Filmen hauptsächlich dadurch, daß der Held hier erst 18 Minuten vor Schluß überhaupt erst mal mit dem Kampfsporttraining anfängt.

Besagter Held heißt Kevin und wurde von seinem Vater gerade an eine neue Schule gebracht, weil der aufmümpfige Knabe in der alten Umgebung auf die schiefe Bahn zu geraten drohte und kürzlich erst ein Auto demoliert hat. Der Herr Papa ist ein aufrechter Cop aus Oakland und wird vom ebenso aufrechten David Warbeck gespielt, der hier seine Stirn ebenso formschön runzelt wie noch beim Untotenangriff in Fulcis GEISTERSTADT DER ZOMBIES.

Leider scheint die schiefe Bahn dem Jungen zu folgen: Kaum angekommen, legt er sich auch schon mit dem örtlichen Halbstarken Jeff an, der tagsüber im nahegelegenen Dojo trainiert und abends seine Fähigkeiten an Zivilisten verfeinert. Zu denen gehört auch Jeffs Freundin Kim, die seine nächtlichen Avancen am Parkplatz abwehrt. "Halt die Klappe, natürlich willst du", erklärt Jeff ihr sehr einfühlsam, und weil sie immer noch zickt, fängt sie sich von ihm eine Ohrfeige ein. Verstimmt schnappt sie sich Kevin in der Disco und gewinnt mit ihm flugs einen örtlichen Tanzwettbewerb – und weil Jeff das Verlieren eher nicht so gewohnt ist, erklärt er Kevin den Krieg. Womöglich war er aber auch schlicht mit der Juryentscheidung nicht einverstanden: Immerhin hat jede gedrängte Supermarktschlange mehr Groove als das steife Wackeln der Tanzpaare.

Andrew J. Parker als Schurke Jeff
Schurke Jeff droht, seine Ausgeglichenheit zu verlieren.

Kevin wird also von Jeff zusammengeschlagen, bevor man sich auf eine Entscheidung per Autorennen einigt. Weil das unentschieden ausgeht, folgt originellerweise gleich noch ein Rennen: Die beiden Kontrahenten sollen es durch den "Tunnel des Todes" schaffen. Der entpuppt sich als alte Scheune, deren Ausgangstor nur Platz für ein Automobil bietet. Womöglich lauern in dem finsteren Schuppen sogar hochgradig hinterhältige Heuballen auf unsere lebensmüden Fahrer!

Machen wir es kurz: Kevin gewinnt, weshalb Jeff Kevins Freund Mortimer zusammenschlägt – was nicht nur der als einigermaßen ungerecht empfindet. Weil Jeff als Zweitplatzierter im Scheune-of-Death-Duell die Wand durchfahren hat und die Schuld auf Kevin schiebt, kommt außerdem der alte Farmer ins Polizeirevier gestapft (wo er sofort mit den Worten "Kommen Sie später wieder!" begrüßt wird – aber die Exekutive war in De-Angelis-Filmen ja noch nie sehr hilfreich). Er präsentiert Kevins Papa die Rechnung, woraufhin die Leinwand wieder für ein paar Momente von den tiefen Furchen auf David Warbecks Stirn erhellt wird.

Billy und Kevin beim Karate-Training
Modernes Kampfsporttraining: Wo ist der Gartenzaun, wieso werden hier keine Autos poliert?

Zum Glück wohnt Kevin ja aber bei einem alten Freund seines Papas, der mit seinem asiatischen Aussehen schon den ganzen Film über den Verdacht angeregt hat, womöglich ein weiser Karateprofi zu sein. In der Tat: Nach anfänglichen Bedenken trainiert der Mann mit dem fernöstlichen Namen Billy unseren Helden in einer schönen Montage, die hauptsächlich aus Joggen besteht. Billy Miyagi trägt manchmal zum Training eine Horrormaske, wenn er nicht gerade ob der Fähigkeiten seines neuen Schülers traurig den Kopf schüttelt. Am Ende der Montage landet Kevin einen Treffer im Magen seines Mentors, was bedeutet, daß er jetzt bereit ist, Karatechampion Jeff als ebenbürtigem Gegner entgegenzutreten.

Die schöne Kim, die sich den ganzen Film über nicht so recht zwischen Kevin und Jeff entscheiden konnte – sicherlich hat Jeff auch verborgene Qualitäten, die zugunsten der rasanten Erzählung der Schere zum Opfer gefallen sind – ist nach Kevins Karate-Sieg endlich bereit für eine tiefergehende Liaison. Der entscheidet sich aber spontan dafür, doch lieber mit dem Nachbarsmädchen Conny anzubandeln. Die haben wir bislang unerwähnt gelassen, weil sie mit Brille und Zöpfen auftrat – und jeder filmerfahrene Zuseher weiß, daß sie damit als romantische Option untragbar wäre. Die gute Nachricht: Es gibt Wege und Mittel, solche Defizite zu beheben. "Hey, hast du deine Brille abgenommen?", fragt der scharfsinnige Beobachter Kevin also zum Schluß in der Disco.

Conny (Dorian D. Field) mit Brille und Zöpfen
Zöpfe und Brille: Conny muß noch viel lernen.

KARATE ROCK schafft es beinahe spektakulär, noch belangloser und unaufregender zu sein als der komplette Rest der De-Angelis-Filmographie – die ja nun die Meßlatte nicht gewaltig hoch legt. Jede einzelne Sequenz ist dermaßen – Achtung, Wortneuschöpfung: – uninszeniert, daß der gesamte Film wie ein schläfriger Traum wirkt, in dem man einen Zug, beladen mit zigfach Gesehenen, meilenweit an einem vorbeifahren sieht. Zig Szenen zeigen ausführlichst, wie Autos ankommen oder wegfahren. De Angelis stellt die Kamera in jeder Sequenz irgendwohin, manchmal weit vom Geschehen entfernt, dann wieder viel zu nah an den Gesichtern, seitlich neben den Protagonisten, ohne das geringste Gespür für Raum und Zusammenhänge. Diese kurze Sequenz, bevor das Scheunenrennen startet, soll als Veranschaulichung dienen: Wer ist hier wo, wer sieht wohin?























Der Bursche mit dem grünen Käppi gibt hier das Startsignal. Bei den folgenden frontalen Einstellungen auf Jeff und Kevin bewegen sich beide jeweils auf die Kamera zu, in der Totalen sieht man einen Wagen von rechts Richtung Scheune fahren.







Alles klar soweit?

Auch sonstwo ergeben die Kameraeinstellungen wenig Sinn. An einer Stelle wird in Fluchtperspektive an einer Bar entlanggefilmt, hinten bewegen sich die Tänzer - aber vorne bleibt der Schuppen völlig leer. Beim Showdown gibt es eine Einstellung, bei der der Kameramann so hinter dem Publikum steht, daß man den Kampf auf der Matte kaum mehr sieht - wenn das mit moderner Shaky-Cam gemacht wäre, könnte das fast dokumentarisch funktionieren, aber mit dem müden Stativ-Look wirkt es hier nur so, als sollte man gar nicht so viel vom Kampf sehen, um die notdürftige Choreographie nicht zu bemerken. Das obige Spiel mit den nichtssagenden Einstellungen kann durch den ganzen Film durchgezogen werden: Selten gab es so viele Totalen, die so wenig Überblick verschaffen.

Der dickliche Junge, der neben Conny steht, wird übrigens den ganzen Film dabei gezeigt, wie er Eis lutscht. Er ist offensichtlich an Conny interessiert, die ja aber auf Kevin steht und nur das Geheimnis der Kontaktlinsen noch nicht enteckt hat. Am Schluß verfüttert der einsame Dicke dann sein Eis an einen Hund. Angesichts eines Films wie KARATE ROCK wissen wir, wie es ihm geht.




Karate Rock (Italien 1990)
Originaltitel: Il ragazzo delle mani d'acciaio
Regie: "Larry Ludman" (= Fabrizio De Angelis)
Buch: Olga Pehar
Musik: Donald Brent
Kamera: "Frederick Hail" (= Federico Del Zoppo)
Darsteller: Antonio Sabàto Jr., Natalie J. Hendrix, Dorian D. Field, Robert Chan, Andrew J. Parker, David Warbeck

L.A.P.D. - TO PROTECT AND TO SERVE: Ein Cop gegen die Polizei

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Marc Singer in L.A.P.D.

Im Land der Videothekenware kann man sich nie ganz sicher sein, ob der Star, der da so vertrauenserweckend vom Cover schaut, auch wirklich den ganzen Film über zu sehen sein wird. Wie zum Beispiel Dennis Hopper, der den potentiellen Kunden des Cop-Thrillers L.A.P.D.: TO PROTECT AND TO SERVE lockt: Er wird in ungefähr fünf Szenen, die sich wohl auf ebensoviele Minuten Laufzeit summieren, als Polizeichef scharfe Worte an sein Team richten und dann wieder das Bild für preiswertere Akteure freimachen.

Der Oberinspektor hat tatsächlich auch allen Grund für das eine oder andere ernste Wörtchen, auch wenn er das selber gar nicht ahnt: Viele seiner Polizisten haben sich nämlich zu einer Gang zusammengeschlossen, die ihren müden Verdienst mit einem nicht ganz legal beschafften dreizehnten, vierzehnten, fünfundvierzigsten Monatsgehalt aufbessern. Als Ordnungshüter kann man eben recht einfach Ware beiseiteschaffen und dann zu Protokoll geben, dass die Täter eines Einbruchs nicht eine einzige brauchbare Spur hinterlassen haben.

Dennis Hopper in L.A.P.D.
Captain Elsworth (Dennis Hopper) schiebt eine ruhige Kugel: Er muß nur wenige Szenen im Monat arbeiten.

Der wackere Cop Steele, der aufgrund seiner erhöhten Einsatzbereitschaft von den Kollegen liebevoll "Cowboy" genannt wird, kann sich mit derlei schmutzigen Geschäften nicht so recht arrangieren. Aus Loyalität deckt er die Bande zwar und nimmt dafür mit missbilligendem Blick einen monetären Anteil entgegen – aber weil sein Papa seinerzeit als aufrechter Cop Korruption im Polizeiapparat aufgedeckt hat, nagt das schlechte Gewissen an Steele immer mehr. Es sei dabei nicht verschwiegen, dass einer der Drahtzieher der Rabaukencops, Lt. Alexander, der Sohnemann jenes Polizeischurkens ist, der einst von Steeles Vater der Gerechtigkeit übergeben wurde.

Wenn schon Hopper als Captain nur gelegentlich in der Handlung vorbeischaut, so hat der Videothekenfreund dafür viel von den anderen beiden B-Namen, die sich hier ein moralisches Duell allerzweiter Kajüte liefern: Der finstere Lt. Alexander wird vom verlässlich schurkischen Michael Madsen gespielt, Cowboy Steele dagegen von "Beastmaster" Marc Singer. Der wirkt hier wie Johnny Drama aus der Serie ENTOURAGE: ein herber Kerl, der wohl trotz augenscheinlicher Bemühungen immer zweite Wahl bleiben wird – und deswegen bei allem Männlichkeitsgehabe nur umso herziger wirkt. Wenn Singer aber nicht gerade mit ernstem Blick brütet, kann er für eine schöne Frau wie Kiara Hunter auch schon mal den etwas unbedarften Jungen geben und damit umso mehr punkten.

Steele bandelt mit Kimberly an
Immerhin: Auch böse Cops laden nette Frauen zu ihren Parties ein.

L.A.P.D. wirkt mitunter wie die B-Version von COLORS – FARBEN DER GEWALT. So wie das filmische Vorbild ist der Streifen aber auch von der Realität der Stadt Los Angeles inspiriert: Die Gangaktivitäten, die dort in den Achtzigern und Neunzigern wüteten, finden hier in zynisch brutalen Shoot-Outs ihr Echo, während der nicht zuletzt wegen des Rodney-King-Vorfalls schwer angeschlagene Ruf der Polizeikräfte hier dafür sorgt, daß die Polizisten gleich selber zu Verbrechern werden. Nicht umsonst suggerieren Anfangs- und Endtitel, daß es sich bei L.A.P.D. um eine reelle Geschichte handelt – obwohl die Geschehnisse natürlich frei erfunden sind.

Trotz preisbewußter Machart ist der von Stuntmann Ed Anders inszenierte Streifen tatsächlich besser, als man meinen könnte. Das Skript nimmt sich Zeit für Steeles moralischen Zwiespalt und entwickelt seinen Plot mit Ruhe, die Beziehung zwischen Steele und seinem Vater (Charles Durning!) hat ebenso eine gewisse Resonanz wie seine Freundschaft mit dem idealistischen jungen Partner Wade. Freilich wird der Billigthriller damit kein Charakterdrama, und freilich läuft die Story auf einen Action-Showdown hinaus – aber die Entwicklungen zum Schluß arbeiten konsequent mit der desillusionierten Grundstimmung. Die am Ende im Sinn von DIRTY HARRY hingeworfene Dienstmarke ist hier kein Befreiungsschlag, sondern eine Resignation.

Steele kümmert sich um seinen Vater
Steele (Marc Singer, Mitte) und sein Partner Wade (Steve Bacic) kümmern sich um Steeles Papa (Charles Durning).

Übrigens: Ein Einsatz führt Steele und Wade ins Kino. An der Wand der Lobby prangt das Plakat zur Chaoskomödie SCREWBALL HOTEL, im Saal selber ist der Schnodderklassiker FLESH GORDON – SCHANDE DER GALAXIS zu sehen – beides Filme, die wie dieser hier von Produzent Maurice Smith stammen. Dieses Kino müßte man finden, das solche Spektakel präsentiert! Ach ja, und Flesh-Gordon-Darsteller Vince Murdocco, der auf der Leinwand von den drei "cosmic cheerleaders" umtanzt wird, taucht später im Film auch noch kurz als Polizist auf. Die Rolle umfaßt zwei Einstellungen und drei Worte – da ist Dennis Hopper im Vergleich dann eigentlich doch gar nicht so wenig im Film zu sehen.




L.A.P.D.: To Protect and To Serve (USA 2000)
Alternativtitel: Die Todesengel von L.A.
Regie: Ed Anders
Buch: Rob Neighbors
Kamera: Michael Balfry
Musik: Ian Putz
Darsteller: Marc Singer, Michael Madsen, Dennis Hopper, Wayne Crawford, Charles Durning, Steve Bacic, Kiara Hunter

Die Screenshots stammen von der englischen DVD (C) ILC Prime 2005.

THE SECOND GUEST: Ein altmodisches Adventure mit Burton-Flair und Bugs

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The Second Guest

Wir treten zur Verteidigung eines ungeliebten Spiels an: THE SECOND GUEST, ein hübsch altmodisches Point-and-Click-Adventure, das 2012 recht garstige Kritiken und Kommentare erntete – unter anderem aufgrund der Tatsache, daß der Spieler schon während der Installation mit verschiedenen Bugs zu kämpfen hat und das Game sich auch danach gerne mal zickig zeigt. Die Tatsache, dass man mit dem Spiel nur die ersten zwei von geplanten fünf Episoden erhält und die Geschichte daher nach einigen Spielstunden mittendrin endet, hat freilich nicht geholfen. Und doch: THE SECOND GUEST kann Adventure-Liebhabern Spaß bereiten.

Die Handlung ist im Jahr 1923 angesiedelt. Unser Protagonist Jack Ice erhält die Einladung zur Testamentseröffnung des verstorbenen Lord Averton, den er überhaupt nicht kannte – aber aus einem unerfindlichen Grund ist Jack als Haupterbe vorgesehen. Das scheint jemandem zu mißfallen: Auf der abgeschiedenen Insel, auf der Avertons Schloß steht, wird schon bald ein Mordanschlag auf Jack verübt. Außerdem segnet der Notar überraschend das Zeitliche – und so muß Jack versuchen, das Geheimnis von Averton Island zu lüften.

The Second Guest
Jack Ice geht beim Erkunden der Insel in sich.

Das Spielprinzip funktioniert ganz nach klassischem Adventure-Prinzip: Man spaziert durch die verschiedenen Örtlichkeiten, die die Insel zu bieten hat, und kann einzelne Objekte mit Icons wie "Sehen" oder "Nehmen/Benutzen" anklicken. Die mitgenommenen Gegenstände landen in einer Tragetasche und können in der Umgebung eingesetzt oder miteinander kombiniert werden. Bei gelegentlichen Gesprächen mit anderen Figuren, darunter die restliche Verwandtschaft von Lord Averton und ein ermittelnder Inspektor, können Dialogzeilen ausgewählt werden – obwohl die Selektion meist beschränkt ist und man ohnehin alle Fragestellungen durchklickt.

In Sachen Stimmung ist THE SECOND GUEST vollauf gelungen: Die Grafik wirkt, als hätte Tim Burton die Zwanziger als Gothic-Comic gestaltet, die düstere Atmosphäre wird von Luigi-Maria Rapisardas dichtem Score (der übrigens auch in CD-Form beiliegt) perfekt untermalt. Die Animationen sind teils ein wenig dürftig, aber das paßt zum Retro-Charme eines Spiels, das so klassische Vorbilder hat. Zur Präsentation passen auch die professionellen Sprecher: Jack wird schwermütig von Johnny-Depp-Synchronsprecher David Nathan gesprochen, der Kommissar von "Justus Jonas" Oliver Rohrbeck, und hinter dem Erzähler verbirgt sich "Jan Tenner" Lutz Riedel.

The Second Guest
Der Inspektor wird sehr lange in der Bibliothek bleiben und nicht einen einzigen Beweis finden.

Aber ja, es stimmt leider: Jack hat nicht nur mit den Rätseln der Insel, sondern vor allem auch mit einigen Programmfehlern und anderen Holprigkeiten zu kämpfen. Da ertönt an ganz unpassender Stelle plötzlich eine Stimme, die einen wichtigen Brief vorliest, ohne daß es zum Bild passen würde. Anderswo löst sich plötzlich eine Figur in Luft auf, nachdem man mit ihr geredet hat, und mehr als einmal wird von Personen gesprochen, die man eigentlich noch gar nicht getroffen hat. Manchmal hakt die Steuerung auch und nimmt einen Klick nicht an, weshalb etwas Beharrlichkeit gefragt ist. Es wirkt ganz so, als wäre das Spiel vorschnell veröffentlicht worden – ein kurz nach Erscheinen hinterhergeschobener Patch bringt auch prompt einen anderen kuriosen Bug mit sich.

The Second Guest
Jack erkundet eine geheimnisvolle Gruft.

So wäre es sicherlich geschickt gewesen, dem Team von David Frentzel und seinem Studio Twice Effect (das in den Neunzigern noch C64-Spiele für Diskmagazine wie Game On programmiert hat) mehr Zeit und Mittel zu geben, um THE SECOND GUEST abzurunden. Dann würde auch die Geschichte nicht so ganz in der Schwebe aufhören: Die angerissenen Rätsel bleiben ganz offen, einige Handlungsorte bleiben unzugänglich (zum Beispiel die eingestürzten Katakomben unter dem Schloß, die hinter einer verschossenen Eisentür verborgen bleiben). Weil das Spiel bei Kritik und Publikum durchfiel, wurden die weiteren drei Episoden nie entwickelt – und so werden wir wohl nie erfahren, wer Jack nach dem Leben trachtet und wer der ominöse zweite Gast nun sein soll.

Ein wenig ähnelt THE SECOND GUEST damit einer Serie, die trotz Potential abgesetzt wurde und den Zuseher mit allen in der Luft hängenden Handlungsfäden zurückläßt. Wer sich davon nicht abschrecken läßt und mit einigen Bugs leben kann, darf aber trotzdem mal einen Ausflug nach Averton Island wagen.




Die Screenshots wurden mit freundlicher Genehmigung von Headup Games GmbH & Co. KG verwendet.

Lichtspielplatz #19: Die Freuden und Herausforderungen der Filmrestaurierung - Ein Gespräch mit Dr. Nikolaus Wostry vom Filmarchiv Austria

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Hans Moser in DIE STADT OHNE JUDEN

Erstmals führt uns der Lichtspielplatz aus dem Cineastischen Salon heraus und hinein in das Filmarchiv Austria in Wien. Dort haben wir mit Dr. Nikolaus Wostry gesprochen, der für die Restauration der wiederentdeckten Langfassung des österreichischen Stummfilms DIE STADT OHNE JUDEN aus dem Jahr 1924 zuständig ist. Dr. Wostry erzählt uns von den Schwierigkeiten der Filmrestauration im Allgemeinen, aber auch von den spannenden Seiten dieser Arbeit, wenn ein Flohmarktfund schon beim Öffnen der Filmdose größte Neugier entfacht. Er taucht mit uns in die Geschichte dieses einzigartigen Filmdokuments ein und erläutert, warum der Film nach fast 100 Jahren heute noch Relevanz besitzt - und er spricht über die Erfahrungen, die das Filmarchiv mit dem Crowdfunding für diese Restauration gemacht hat.

Wir bedanken uns bei Dr. Wostry für diese Einblicke in seine Arbeit!



Das mp3 kann HIER heruntergeladen werden.

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Musik: Clark Kent
Der Screenshot aus DIE STADT OHNE JUDEN stammt von der DVD aus der Reihe Edition Der Standard (C) Hoanzl.

WONDER WOMAN: Eine Comicfigur wird erwachsen

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Gal Gadot als WONDER WOMAN

Im folgenden Gastbeitrag berichtet Podcast-Kollege Dr. Wily von der Comicverfilmung WONDER WOMAN: Die Geschichte eines Kindes, das erwachsen wird.



Auf Themyscira, der Insel, auf der das Kriegervolk der Amazonen lebt und die im Ozean unserer Welt hinter einer Nebelwand verborgen liegt, gibt es einen Mythos: Die Amazonen seien von Göttervater Zeus geschaffen worden, um die Welt vor dem Kriegsgott Ares zu schützen. Sollte Ares wiederkehren, ist es Aufgabe der Amazonen, ihn zu töten und damit seine Macht und Herrschaft zu beenden. Dieser Mythos ist identitätsstiftend für die Amazonen, vor allem aber für Diana (Gal Gadot), die Tochter der Königin. Daß Diana aufgrund ihrer Herkunft etwas Besonderes ist, erfahren wir als Zuschauer sehr bald. Diana selbst weiß nichts davon und wird erst am Ende des Films mit dieser Wahrheit konfrontiert. Ihre Mutter will sie aber deshalb von allen Gefahren fernhalten und verweigert ihr zunächst sogar die bei den Amazonen obligatorische Kampfausbildung - nur um dann doch unter der Bedingung einzuwilligen, daß Diana härter trainiert wird als jede Amazone zuvor.

Der Ruf der Heldin erfolgt durch den Absturz des Piloten Steve (Chris Pine) auf Themyscira. Wir und die Amazonen erfahren, daß wir uns im Jahre 1917 befinden und außerhalb des Inselparadieses der erste Weltkrieg tobt. Steve, ein britischer Pilot, konnte den Deutschen geheime Pläne über deren neue Gaswunderwaffe abluchsen. Diana erkennt, daß dieser Krieg, von dem die Amazonen nichts mitbekommen haben, die vom Mythos prophezeihte Rückkehr von Ares ist, und daß die Zeit gekommen ist, die Aufgabe der Amazonen zu erfüllen. Sie beschließt, mit Steve mitzugehen und sich dem Kriegsgott zu stellen.

Gal Gadot als "Wonder Woman" Diana
Im Kampf gegen Kriegsgott Ares: "Wonder Woman" Diana (Gal Gadot).

WONDER WOMAN ist im Kern die Geschichte eines Kindes, das erwachsen wird. Wir erzählen Kindern Märchen und Geschichten vom bösen Wolf oder der Hexe, in denen das Böse in einer Figur lokalisiert ist und durch das Ausschalten dieser Person das Böse aus der Welt geschafft werden kann. Meistens leben dann alle "glücklich bis an ihr Lebensende". Je älter wir werden, desto mehr lernen wir, daß es so einfach nicht ist.

Dianas Entwicklung ist dieselbe. Sie zieht mit der Weltsicht eines Kindes aus und muß am Ende der Geschichte feststellen, daß die Welt nicht so einfach zu fassen und das Böse nicht so einfach zu besiegen ist, wie es der Mythos ihr glauben machte. Der Ares, den sie bekämpfen muss, ist in WONDER WOMAN eine diabolische Figur, der die Menschen verführt und manipuliert, mit dem Ziel, deren wahren, zutiefst menschlichen Kern herauszuschälen und sie sich selbst vernichten zu lassen.

Robin Wright als Amazone Antiope
Eine Amazone auf dem Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs: Antiope (Robin Wright).

Der Kontext des Ersten Weltkrieges paßt hier sehr gut. Während zum Beispiel das Dritte Reich ein sehr gut faßbares Feindbild ist, ist es beim Ersten Weltkrieg bis heute schwer, das Geschehene in bekannte Kategorien wie Gut, Böse, Richtig, Falsch, Gerecht, Gerechtfertigt, Schuldig oder Unschuldig zu fassen. Ein gemeinsames Narrativ darüber zu entwickeln scheint fast unmöglich. Selbst Sigmund Freud hat damals seine Libidotheorie um den Todestrieb erweitert, weil er sich diesen ganzen sinn- und zwecklosen Wahnsinn beim besten Willen nicht anders erklären konnte als mit einem der Psyche innewohnenden Trieb.

Diana ist da optimistischer als Freud, und Ares und der Film über sie damit auch optimistischer als ihre nächsten Verwandten aus dem DC Cinematic Universe. Sie lernt, auch in der Beziehung und Auseinandersetzung mit ihrem Partner Steve, daß die Menschen beides in sich tragen und daß sie sich sowohl für das Gute als auch für das Schlechte entscheiden können. Es ist zum Schluß auch ihre eigene, ganz persönliche Entscheidung, als sie erfährt, daß Ares und sie den gleichen Vater haben.

Auch in diesem Glauben und der Hoffnung in die Menschen unterscheidet sie sich von anderen aktuellen zynischen und ironischen Superheldenkollegen. Sie kommt im letzten Satz zu dem Schluß, daß nur die Hinwendung zum Anderen Kriege verhindern kann.




Wonder Woman (USA/China/Hong Kong 2017)
Regie: Patty Jenkins
Buch: Allan Heinberg
Musik: Rupert Gregson-Williams
Kamera: Matthew Jensen
Darsteller: Gal Gadot, Chris Pine, Connie Nielsen, Robin Wright, Danny Huston, David Thewlis, Ewen Bremner

Alle Bilder: © 2017 Warner Bros. Entertainment Inc. and Ratpac Entertainment, LLC

DEMON KEEPER: Ein müder Spuk

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Dämon Mike Lane in DEMON KEEPER

Okkultist Remy Grilland schiebt eine ruhige Kugel: Mit schönen Spukshows zockt er die Reichen und Schönen dieser Welt ab und gaukelt ihnen dafür Kontakte zum Jenseits vor. Zu seinem nächsten Gig hat seine Kundschaft leider noch einen anderen Gruselprofi eingeladen: Alexander Harris, der als Experte in übersinnlichen Angelegenheiten sofort merken würde, dass Grillands Seancen nicht mehr als heiße Luft bieten. Um nicht aufzufliegen, buddelt unser vermeintlicher Geisterflüsterer ein obskures Ritual der schwarzen Magie aus: Harris ist damit nicht vertraut und würde also nicht merken, daß alles nur gestellt ist. Man sollte meinen, daß der Profi das Ritual vielleicht am Resultat bewerten könnte, aber in dieser Angelegenheit hat Grilland Glück: Der Zauber ist echt, und prompt zieht ein Dämon durch die spiritistische Gesellschaft.

Besagter Dämon heißt Asmodeus und ist vor allem ungehalten darüber, daß er nach einigen hundert Jahren Schlaf – genaugenommen seit den Hexenverbrennungen, die im Vorspann zu sehen sind – so unsanft geweckt wurde. Man kann diesen Unmut gut nachvollziehen, möchte den Herrn Dämon aber gleichzeitig darauf hinweisen, daß es mit dem Schlaf erst recht nichts mehr wird, wenn er sich jetzt allzu sehr aufregt.

Die ersten Opfer des Dämons: Zwei hübsche junge Damen
Dämonische Rituale vor dem Kamin!

Aber zu spät: Asmodeus ergreift nach und nach von den Menschen im Haus Besitz, indem er ihre Schwächen ausnutzt, und lässt sie sich gegenseitig umbringen. Sein erstes Opfer ist eine hübsche Blonde, die gerade eine nackte Schwarzhaarige vor dem wohlig knisternden Kamin massiert. Ich kann verstehen, warum der Dämon solch liebreizende Gesellschaft sucht.

Überhaupt scheint der garstige Dämon eine Schwäche für leichtbekleidete Damen zu haben. Schon im Hexen-Prolog hat er sich in einer hübschen Lady eingenistet, später im Film wird er sich ausführlich um ein nettes Fräulein kümmern, der er zärtlich die höllische Hand auf die Brust legt. Sie zerquetscht wenig später ihren Liebhaber zwischen ihren Schenkeln – selbst ein müder Dämon will sich beim Morden eben nicht nur langweilen.

Der Dämon und eines seiner leichtbekleideten Opfer
"Shall I compare thee to a summer's day? Thou art more lovely and more temperate ..."

Das überläßt er dann doch lieber dem Zuseher, der verzweifelt versucht, diese Ansammlung von Pappkameraden und –kameradinnen soweit auseinanderzuhalten, daß man halbwegs Überblick bewahren könnte, wieviele Mitglieder der Spiritistengruppe denn überhaupt noch am Leben sind. Es hilft freilich nicht, daß sich die Leutchen, obwohl im Spukhaus das große Massensterben einsetzt, stets zurückziehen, um in sich zu gehen oder sich auf die eine oder andere Weise aneinander zu reiben. Kleinliche Geister könnten auch anmerken, daß die Figuren, damit Asmodeus ihre charakterlichen Schwächen ausnützen kann, überhaupt erst mal mit Charaktereigenschaften ausgestattet sein müßten – aber wenigstens kümmert sich der Dämon dienstbeflissen um seine Arbeit, wenn es der Drehbuchautor schon nicht macht.

Okkultismusexperte Alexander Harris wird übrigens von KAMPFSTERN-GALACTICA-Star Dirk Benedict gespielt, der zu jedem Satz die Augen so weit aufreißt, als wäre er gerade mit der Gabel in die Steckdose gekommen. Produziert wurde die in Zimbabwe gedrehte Sause von Maurice Smith (der sich dank SCREWBALLS mit verlockenden Kurven auskennt) und Roger Corman (der, räusper, diesmal offenbar nicht ganz so viel Geld springen ließ wie sonst immer). Nach 71 Minuten – inklusive Abspann! – ist der Spuk aber auch schon wieder vorbei. Gute Nacht, lieber Dämon.



Demon Keeper (USA 1993)
Regie: Joe Tornatore
Buch: Mikel Angel
Kamera: Tom Denove
Musik: Keith Farquharson
Darsteller: Dirk Benedict, Edward Albert, Katrina Maltby, Jennifer Steyn, Claire Marshall, Diane Nuttall, Elsa Martin, Mike Lane

Die Screenshots stammen von der US-DVD (C) 2004 Concorde New Horizons Corp.

DJANGO UND DIE BANDE DER BLUTHUNDE: Sterben und sterben lassen

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Anthony Steffen als DJANGO DER BASTARD

Die Welt des Italowesterns ist eine zynische. Freilich könnte man kaum behaupten, daß ein Film wie DER SCHATZ DER SIERRA MADRE allzu optimistisch auf die Menschen blickt, die da nach ihrem Glück jagen – aber in den italienischen Pistolenopern ist der Idealismus nicht einmal mehr als ferner Gedanke spürbar. Halunken und Halsabschneider streifen durch das von Brutalitäten und Ungerechtigkeiten gezeichnete Land, ihre Motive sind blutige Rache oder persönliche Bereicherung. Das amerikanische Versprechen des besseren Lebens hinter dem Horizont ist hier längst einem pragmatischen Überlebenskampf gewichen: Wer nicht sterben will, muß einfach zuerst schießen.

DJANGO UND DIE BANDE DER BLUTHUNDE (im Original DJANGO IL BASTARDO, weshalb er auch für manche DVD-Fassungen zu DJANGO DER BASTARD eingedeutscht wurde) ist ein besonders dunkles Exemplar eines an Leichtigkeit nicht gerade reichen Genres. Rückblickend kein Wunder, entpuppte sich Regisseur und Autor Sergio Garrone doch im Laufe seiner Karriere als gnadenloser Zyniker: Ob in einer dreckigen Gangstergeschichte über Verrat und Gier (KILLER'S GOLD) oder in einem Reißer über Folter im Konzentrationslager (SS CAMP 5), bei Garrone besteht die Welt stets aus Sterben und Sterbenlassen.

Djangos Gegner: Rada Rassimov und Luciano Rossi
Djangos Gegner Jack (Luciano Rossi) und seine Ehefrau Alida (Rada Rassimov) fürchten sich vor der Ankunft des Rächers.

Wie viele seiner Italowestern-Kollegen ist auch der Django dieses Films im Namen der blutigen Rache unterwegs: Er und seine Soldatenkollegen wurden zu Bürgerkriegszeiten einst von ihren Befehlshabern verraten, nun streift er wie ein Todesengel durchs Land und knöpft sich die Verantwortlichen vor. Interessanterweise wird Djangos Geschichte in den europäischen und amerikanischen Fassungen erst im Lauf des Films über kurze Rückblenden erzählt, was dem wortkargen Mann eine geheimnisvollere Aura verleiht, während die italienische Originalversion die Vergangenheit noch vor dem Vorspann erzählt und damit in seiner Konstruktion fast pragmatisch wirkt.

Wo viele Italowestern ihre einsamen Antihelden als mythologische Gestalten inszenieren – man denke nur an Sergio Leones FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR, durch den der namenlose Fremde zur Ikone wurde – erzählt Garrone seinen Django beinahe als übernatürliche Kraft, die durch ein Unrecht hervorgerufen wurde. Bei jedem Auftritt setzt er als Ankündigung ein Kreuz mit dem Namen seines nächsten Opfers in den Sand, immer wieder taucht er wie aus dem Nichts auf und verschwindet ebenso geheimnisvoll. Als der unmenschlich überlegene Held doch zum Schluß einmal verwundet wird und seine Waffe verliert, ruft sein Gegner seinen Handlangern fast ekstatisch zu: "Das ist sein Colt! Das ist sein Blut!", als würde er sie überzeugen wollen, daß es sich doch um keinen Geist handelt. If it bleeds, we can kill it.

Django will Rache an Rod Murdok
Django (Anthony Steffen, hinten) kündigt seine Rache stets mit einem Kreuz an.

Bei allem gemächlichen Erzähltempo bringt Garrone eine immense visuelle Kraft in das Geschehen: Die Kamera ist gekippt, lauert am Boden, filmt durch Spalten und Öffnungen durch und verzerrt die Gestalten zu tödlichen Schatten. Garrone interessiert sich wenig für die Figuren, aber dafür zieht er die Stimmung so zusammen, daß die Racheengel-Geschichte Gothic-Horror-Flair atmet, beinahe wie der Kinski-Western SATAN DER RACHE. Die minimalistische Erzählung gibt ihm trotz der starren Genremuster viel Freiraum, das Filmemachen an sich zu zelebrieren: Alleine die ersten Momente, in denen der Fremde in die Stadt kommt, knistern voll filmischer Energie und schaffen ihre eigene Welt.

Eine Frau überlebt Djangos Rachefeldzug: Alida, die Ehefrau einer seiner Gegner. Sie bietet ihm viel Reichtum, um mit ihm fortgehen zu können - weil sie nicht alleine leben will oder kann. Ihn interessieren Geld und Juwelen aber nicht, weshalb er sie zurückläßt. So funktioniert das eben bei Garrone: Selbst, wenn man das Materielle ablehnt, kann man dem Zynismus nicht entkommen.


Mehr Sergio Garrone auf Wilsons Dachboden:
SS CAMP 5: WOMEN'S HELL
KILLER'S GOLD
DER LETZTE HAREM: Schöne Frauen und vornehme Tristesse
HÖLLE IM FRAUENGEFÄNGNIS plus HELL PENITENTIARY: Zwei Knastdramen zum Preis von einem




Django und die Bande der Bluthunde (Italien 1969)
Originaltitel: Django il bastardo
Alternativtitel: Django der Bastard
Regie: Sergio Garrone
Buch: Sergio Garrone, Antonio De Teffè
Kamera: Gino Santini
Musik: Vasili Kojucharov, Vasco Mancuso
Darsteller: "Anthony Steffen" (= Antonio De Teffè), Paolo Gozlino, "Lu Kamante" (= Luciano Rossi), Teodoro Corrà, Jean Louis, Rada Rassimov

Die Screenshots stammen von der DVD (C) MCP Sound & Media AG.

Lichtspielplatz #20: Sequels, Prequels, Requels

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Fortsetzungen, Remakes, Spinoff-Prequels: Die Kinolandschaft ist voll mit Filmen, die eine bereits erzählte Geschichte weiterspinnen oder neu auflegen. In der aktuellen Lichtspielplatz-Folge beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Arten der Weiterführung es überhaupt gibt, und versuchen, genaue Begriffe für die einzelnen Kategorien zu finden. Was ist ein Sidequel? Was ist ein Preboot, ein Omniquel, ein Selectquel?

Viel Spaß mit unseren streng wissenschaftlichen, freilich ganz und gar ernst gemeinten Überlegungen!



Das mp3 kann HIER heruntergeladen werden.

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Musik: Clark Kent

Lichtspielplatz #21 - STAND BY ME: Vom Abenteuer des Erwachsenwerdens

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Vier Jugendliche begeben sich auf die Suche nach einer Leiche: Was nach Horrorgeschichte klingt, ist in Wirklichkeit eine ebenso heitere wie wehmütige Abenteuergeschichte über das Erwachsenwerden. Im aktuellen Lichtspielplatz reden wir über die Themen dieser Stephen-King-Verfilmung (der Film basiert auf seiner Kurzgeschichte "The Body"), über seine Inszenierung (Regisseur war Rob Reiner) und über seine fantastischen Darsteller (inklusive Wil Wheaton und dem so früh verstorbenen River Phoenix). Weil uns der Film viel bedeutet, werden wir diesmal auch etwas persönlicher als sonst.

Viel Spaß!


Das mp3 kann HIER heruntergeladen werden.

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Musik: Clark KentDer Screenshot stammt von der DVD (C) Sony Pictures.

DIE LEICHE - Der letzte der immerwährenden Sommer

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In Folge #21 unseres Lichtspielplatz-Podcasts reden wir über Rob Reiners STAND BY ME, in dem sich vier Jugendliche auf die Suche nach einer Leiche begeben. Passend dazu: Ein Gastbeitrag von Dr. Wily über die dazugehörige Originalgeschichte von Stephen King, "Die Leiche" ("The Body"), erschienen in der Anthologie FRÜHLING-SOMMER-HERBST UND TOD (1982, im Original: DIFFERENT SEASONS).



"Ich glaube, daß dieser Sommer Jahre dauerte, auf magische Weise in einem Netz von Geräuschen gefangen. Ich höre noch das leise Zirpen der Grillen, das Maschinengewehrgeknatter der gefalteten Spielkarten an den Fahrradspeichen eines Jungen, der abends nach Hause fährt und sich auf seinen eisgekühlten Tee freut [...]. Es gab Spiele und zahllose verpaßte Mahlzeiten. Es gab Rasen, die gemäht werden mußten, Wände, gegen die man Münzen werfen konnte, und Leute, die einem auf die Schulter klopften."

"Die Leiche" mag auf den ersten Blick nicht wie eine typische Stephen King Geschichte wirken. Dieser Eindruck muß bei ihrem Erscheinen 1982 noch viel stärker gewesen sein, als King noch mehr mit klassischen Horrorgeschichten wie CARRIE, BRENNEN MUSS SALEM oder THE SHINING assoziiert wurde als heute, wo er auch einige eher literarische und dramatische Werke in der Bibliographie hat.

Doch obwohl "Die Leiche" keine Horrorstory ist und keine phantastischen Elemente enthält, halte ich diese Geschichte für eine quintessenzielle Stephen-King-Erzählung. Alles, was seine Geschichten ausmacht, ist hier enthalten. Alles, was ihn zu einem so speziellen Erzähler macht, finden wir hier. Und mit Vampiren, Monstern oder bösen Clowns hat das nichts zu tun.

"Wollt ihr Jungs eine Leiche sehen?"

Erzählt wird die Geschichte von vier Freunden, alle 12 Jahre alt, die im Sommer 1960 zu Ohren bekommen, daß ein Junge in ihrem Alter tödlich verunglückt ist und seine Leiche noch nicht gefunden wurde. Und weil alle vier die oben zitierte Frage mit "ja" beantworten und natürlich kein 12-Jähriger ein Feigling ist und sein will, beschließen sie, sich auf den Weg ins Abenteuer zu machen.

"Die Leiche" ist eine Geschichte über Freundschaft und den Verlust der Unschuld. Vier Kinder an der Schwelle zum Erwachsenwerden suchen eine Leiche, sie suchen den Tod. Mit der Entdeckung des Todes beginnt das Erkennen der Endlichkeit und damit ist auch die Unschuld der Kindheit, das Gefühl, daß das Leben unendlich ist, weil man sich ein Ende gar nicht vorstellen kann, verschwunden.

Stephen King hat ganz oft solche Geschichten erzählt, diese Phase im Leben dürfte ihn interessieren, und kaum jemand kann diese Zeit so beschreiben wie er. Ich habe schon in meinem Text zu Kings JOYLAND geschrieben, daß er wohl nicht mehr in die Reihe der großen Jugendbuchautoren aufgenommen werden wird, was vielleicht daran liegt, daß er im Gegensatz zu Kästner, Lindgren oder Ende nicht dezidiert für Kinder und Jugendliche schreibt. Er wählt als Perspektive oft, wie auch hier, die Rückschau – ein erwachsener Erzähler blickt auf seine Kindheit zurück, womit automatisch eine gewisse Wehmut und Nostalgie in die Erzählung mit einfließt. Was aber nicht bedeutet, daß wir uns nicht trotzdem unendlich verstanden gefühlt haben, als wir seine Bücher mit 13 in die Finger gekriegt haben.

Eingangs habe ich gesagt, daß "Die Leiche" keine Horrorgeschichte ist. Für King scheint Horror immer ein sehr weites Feld gewesen zu sein, das sich nicht nur auf phantastische Wesen, andere Welten, mysteriöse Vorgänge oder grausame Details beschränkt, sondern viel basaler mit der Gefühl der Angst zu tun hat. Horror ist, was Angst macht. Stephen King weiß, was uns Angst macht, wohl weil er weiß, was ihm Angst macht und machte. Er weiß, wie Kinder die Welt sehen und wie sie sich vor anderen Dingen fürchten als Erwachsene. In "Das Mädchen" reicht das Sich-Verirren im Wald, daß die Angst die Phantasie auf (Horror-)Touren bringt. "Wir alle kannten solche Träume. Ich hätte damals allerdings gelacht, wenn man mir gesagt hätte, daß ich mir mit diesen Kindheitsängsten und Alpträumen in gar nicht allzu langer Zeit ungefähr eine Million Dollar zusammenschreiben würde.“

In den meisten seiner Geschichten ist die Angst schon ganz früh da, in Form düsterer Träume, Vorahnungen oder Vorstellungen, die extrem real erscheinen, aber dann doch "nur" im Kopf sind. Die phantastischen Elemente tauchen meist erst spät auf, indem diese Dinge im Kopf dann zu echten Figuren und Welten werden, plötzlich wirklich wer im Schrank steht oder die Toten tatsächlich zurückkehren.

Die Angst ist auch in "Die Leiche" von Anfang an und beständig Teil des Lebens der Kinder und ihres Abenteuers. Da gibt es kriegstraumatisierte Väter, Alkoholiker und andere gewalttätige Verwandte, Geschichten über Killerhunde, Jungs, die auf der Autobahn Lastwagen foppen wollen, depressive Eltern, die ihren Sohn ignorieren, und einen toten Bruder, den die Hauptfigur Gordie manchmal blutend im Schrank stehen sieht. Es ist der Horror des Alltags, Ängste als Teil unseres Lebens in einer Gesellschaft und Familie.

Das Identifikationspotential von Kings Figuren ist deshalb so hoch, weil sie einerseits ganz normale Leben führen und alle mit den uns bekannten Alltagssorgen beschäftigt sind, bevor dann auch noch die Monster dazu kommen. Keine Stephen-King-Figur lebt ein Leben in eitler Wonne. Schulden, Jobprobleme, Krankheiten, Familienkonflikte sind schon immer Begleiter von Kings Figurenpersonal, was an sich schon ängstigend und fordernd genug ist. Als Leser ist es uns also leicht, sich mit ihnen zu identifizieren, selbst wenn dann die Untoten oder der Scharlachrote König kommen.

In "Die Leiche" ist, wie eben auch in vielen anderen seiner Bücher, ein weiter Kniff das Alter der Protagonisten. Alle vier Burschen sind gerade noch zu jung, um schon einen vorgefertigten Lebensweg zu haben. Sie sind Kinder, wie wir alle Kinder waren. Ihr Weg könnte auch unserer sein, und daher könnten wir auch eines dieser Kinder sein. Und wir alle können uns an unseren eigenen, völlig individuellen Tag erinnern, als wir unsere erste Leiche gesehen haben. Als wir gemerkt haben, daß nichts ewig dauern wird, sondern alles irgendwann zuendegeht. Daß Freundschaften und Familien zerbrechen werden und die Welt, die Menschen und das Leben sehr brutal und grausam sein können, wenn sie uns Dinge wegnehmen, die uns wichtig sind. In "Die Leiche" hält Stephen King, vertreten durch seinen fiktiven Erzähler Gordie Lachance, an der Zeit davor, dieser Zeit der Unschuld, fest. Denn wenn die Angst kommt, brauchen wir etwas, das wir ihr entgegen halten können - zum Beispiel diesen letzten der immerwährenden Sommer.

"Nie wieder hatte ich solche Freunde wie damals, als ich zwölf war. Mein Gott, Sie etwa?"




Unser Lichtspielplatz-Podcast über die Verfilmung STAND BY ME findet sich hier

Lichtspielplatz #22 - Im Labyrinth von THE SHINING

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Wir wagen uns in das Labyrinth von Stanley Kubricks Horrormeisterwerk: Nachdem es in der letzten Folge um die ungewöhnliche Stephen-King-Verfilmung STAND BY ME ging, knöpfen wir uns diesmal die Adaption seines Romans THE SHINING vor. Wir reden über Kubricks Inszenierung, die Psychologie der Figuren, Freudsche Gedanken über das Unheimliche und Kings Probleme mit der Umsetzung seines Buches - und debattieren außerdem über den Filmessay ROOM 237, dessen gar wunderliche Interpretationen von THE SHINING Anlaß zu einigen Gedanken über unseren Umgang mit Kunst geben.

Viel Spaß!



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Musik: Clark Kent

Texte zu THE SHINING auf Wilsons Dachboden:
Kontrolle und Wahnsinn in Stanley Kubricks SHINING
ROOM 237: Wir sehen, was wir sehen wollen

Lichtspielplatz #23 - 40 Jahre UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART

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1977 hatte Steven Spielbergs dritter Kinofilm Premiere - ein meisterlicher Science-Fiction-Film, der zu seinen besten Werken zählt und als Knotenpunkt in seinem Schaffen gelten darf. Zum 40. Jubiläum von UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART unterhalten wir uns über den Film und seine Bezüge zu vorigen und folgenden Spielberg-Geschichten. Wir reden über Wissenschaft und Magie, die Darstellung der Familie im Film - und über den Zeitgeist, der sich im Film widerspiegelt.

Viel Spaß!




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Musik: Clark Kent

Mehr Steven Spielberg auf Wilsons Dachboden:
DUELL: Der archaische Kampf zwischen Mann und Monster
JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES: Mythologie und Symbole
A.I. - KÜNSTLICHE INTELLIGENZ: Verstand vs. Gefühl
MINORITY REPORT: Spielberg, Dick und die Bombe
CATCH ME IF YOU CAN: Ein Hochstapler und das Abenteuer seines Lebens
INDIANA JONES UND DAS KÖNIGREICH DES KRISTALLSCHÄDELS
Lichtspielplatz #4 - BRIDGE OF SPIES und die Politik von Steven Spielberg (Podcast)

Lichtspielplatz #24 - Die Outlaws von New Hollywood

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Bankräuber, Drogenschmuggler, Killer und Rebellen: Es ist kein Zufall, daß die Protagonisten des New-Hollywood-Kinos so oft Outlaws sind, die sich gegen die gesellschaftlichen Normen stellen. In unserer neuen Lichtspielplatz-Folge überlegen wir, warum diese Andersdenkenden immer wieder als Identifikationsfiguren dienten, und was sie uns über die Zeit erzählen, in der die Filme entstanden sind. Ausgehend von Arthur Penns Kultklassiker BONNIE UND CLYDE mit Warren Beatty und Faye Dunaway, der dieses Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feierte, blicken wir auf eine ganze Reihe weiterer Filme - darunter Terrence Malicks BADLANDS, Michael Ciminos DEN LETZTEN BEISSEN DIE HUNDE, Dennis Hoppers EASY RIDER, Martin Scorseses DIE FAUST DER REBELLEN, Steven Spielbergs SUGARLAND EXPRESS, Robert Altmans DIEBE WIE WIR, und einige andere.

Viel Spaß!



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Musik: Clark Kent

THE DOUBLE 0 KID: Corey Haim als Teenie-Bond

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Corey Haim & Nicole Eggert am Schachcomputer

Das Vergnügen an THE DOUBLE 0 KID beginnt schon auf dem Backcover, wo sehr heiter die Werbetrommel gerührt wird: "Mit Teenie Star Corey Haim in einem seiner besten Filme und Kultblondine Brigitte Nielsen (RED SONJA)" heißt es da etwas holprig und bindestrichlos. Immerhin: Das Label hat erkannt, daß es sich keinesfalls um einen der besten Filme mit Brigitte Nielsen handelt – und vielleicht wird auch deswegen der nur moderat gelungene RED SONJA zu ihrem Namen angeführt statt eines schwungvollen Highlights wie ROCKY IV oder BEVERLY HILLS COP II. Und weil die Wühlkisten-Filmographie von Corey Haim nur Menschen mit sehr merkwürdigem Filmgeschmack (so wie mich) zu Begeisterungsstürmen hinreißt, mutet auch der Hinweis, daß THE DOUBLE 0 KID einer seiner besten Filme sei, eher rührend an.

Der Titel verrät es schon: THE DOUBLE 0 KID ist eine Art Bond für jüngere Zuschauer, ein Agentenabenteuer für Teenies. Lassen wir mal die Tatsache beiseite, daß auch viele Bond-Filme kaum Erwachsenenkost darstellen, und kümmern uns um die Handlung: In seiner Phantasie ist Teenager Lance (Corey Haim) ein Top-Agent mit dem Decknamen "Eagle Dawn", in Wahrheit ist der Jüngling aber nur Laufbursche für ein örtliches CIA-Büro und muß sich um staatstragende Aufgaben wie Kaffeekochen kümmern. Dann kriegt er bei einem Botengang aber eine Schlüsselkarte in die Hand gedrückt, hinter der finstere Rabauken (darunter Brigitte Nielsen) her sind: Damit will der fiese Hacker Cashpot (Wallace Shawn) einen Virus in ein Flugzeug einspeisen, damit das samt den an Bord befindlichen Wissenschaftlern ins Bermuda-Dreieck stürzt. (Wer an dieser Stelle nach dem "Warum" fragt, muß sich zur Strafe alle Haim-Filme ansehen, die nicht zu seinen besten gehören.)

Hacker Cashpot beim Computerspielen.
Hacker Cashpot (Wallace Shawn) und seine Handlangerin (Brigitte Nielsen) am praktischen Heimcomputer.

Zum Glück muß unser Lance, der in einem schweren Anfall der Neunziger Jahre gern quietschbunte Klamotten trägt und die blondierten Haare passend dazu hochigelt, nicht alleine durch ein solch gefährliches Abenteuer rennen. Auf der Flucht vor einer brutalen Rollerblade-Gang trifft er die hübsche Melinda – beziehungsweise rennt er sie auf der Straße über den Haufen, wo sie gerade, selber mit Rollerblades ausgestattet, ihren Einkaufswagen vor sich herschiebt. Von allen möglichen Fluchtoptionen wählt Lance die naheliegendste: Er setzt sich in Melindas Einkaufswagen und ruft ihr hektisch zu, daß sie endlich Gas geben soll. Weil Melinda von der schnuckeligen BAYWATCH-Schwimmerin Nicole Eggert gespielt wird, die auch privat mit Haim liiert war, hilft sie dem netten Teenieagenten natürlich sofort und bandelt kurz darauf auch mit ihm an.

Die bösen Buben (und die böse Brigitte) haben derweil weniger Freude an Lance, der den Handlangern des Hackers ein ums andere Mal entkommen kann. In einem Hotelzimmer bestellt sich Lance noch beim Zimmerdienst einen Burger, bevor die Rabauken sein Zimmer stürmen. Lance versteckt sich unter dem Servierwagen und schafft es, einen abmontierten Badezimmerspiegel mit sogenannter Nürnberger Schere (ihr ahnt ja nicht, wie lange ich für diesen Begriff recherchieren mußte!) so einzusetzen, daß sich der Gauner, als er unter den Servierwagen greift, die Finger quetscht. Q wäre stolz.

Brigitte Nielsen als Blickfang
"Hey, Sie kenne ich doch aus RED SONJA!"

Irgendwann aber geraten Lance und Melinda in die Fänge von Cashpot – der mit den Bond-Bösewichtern ein gewisses Faible für das Verspielte teilt. Schon in der ersten Filmhälfte haben wir gesehen, wie Cashpot seinem Partner ein neues Rennspiel zeigt: Der gute Mann (John Rhys-Davies!) setzt sich in ein tatsächliches Fahrzeug, lenkt aber nur ein Auto in einem Computerspiel, das in etwa so funktioniert wie TEST DRIVE ohne die entgegenkommenden Fahrzeuge. Dafür ist die Grafik des Games top – was vielleicht daran liegt, daß einfach eine tatsächliche Aufnahme einer Autofahrt verwendet wurde, über die eine Art Monitor-Look gelegt wurde. Rhys-Davies bleibt leider bei dem "Hell on Wheels" getauften Spiel so erfolglos wie ich bei TEST DRIVE – nur daß bei seinem "Game Over" das tatsächliche Auto umkippt und ihn unter sich begräbt. Komisch eigentlich, daß "Hell on Wheels" kein Arcade-Klassiker wurde.

Zum Glück kennt sich Lance mit Computerspielen aus und kann dem Spiel, mit dem Cashpot ihn zur Strecke bringen will, mühelos entkommen. Im Gegenzug startet er nun eine computerisierte Schach-Partie gegen Cashpot, die aus irgendeinem Grund den Upload des Virus blockiert. Gar so aufregend wie "Hell on Wheels" sieht das Spiel der Könige nicht aus: Bei den müde animierten Figuren würde selbst der Rasenmähermann wieder den C64 vom Dachboden holen.

Corey Haim und Nicole Eggert in auffälligen Neunziger-Klamotten.
Corey Haim und Nicole Eggert im unauffälligen Agentenlook.

Verblüffender ist aber, wie flexibel die Programmierung dieses Schachspiels ist: Lance schafft es nämlich, Cashpots Virus gegen ihn selbst einzusetzen, was im Programm die Meldung "Queen Infected" hervorruft und eine lustige Animation startet, in der sich die Königin schwer aufbläht. Als Cashpot und seine Kultblondine mit einem Helikopter die Flucht ergreifen, kann Lance sogar den Virus zum Hubschrauber schicken, worauf das Schachprogramm auch brav mit "Move King to Helicopter" reagiert. Ich vermute, daß Cashpot nach seiner Festnahme bei Google angeheuert und dort das "Smart Home"-Konzept entwickelt hat.

Also, in die Top 40 der Corey-Haim-Filme schafft es THE DOUBLE 0 KID sicher.


Mehr Corey Haim auf Wilsons Dachboden:
DER TOD FÜHRT REGIE




The Double 0 Kid (USA 1992)
Regie: Duncan McLachlan
Drehbuch: Steven Paul & Stuart Paul (Story), Andrea Buck & Duncan McLachlan (Drehbuch)
Musik: Misha Segal
Kamera: Adam Kane
Darsteller: Corey Haim, Nicole Eggert, Wallace Shawn, Brigitte Nielsen, John Rhys-Davies, Karen Black, Basil Hoffman
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